Gedenken an Razzia und Bücherverbrennung vom 15. März 1933 auf dem Ludwig-Barnay-Platz
Ein Projekt der Stadtteilgruppen Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf in Zusammenarbeit mit dem Verein KünstlerKolonie e.V. und dem IBZ e.V.
Was ist passiert?
1927-1929 ließ die «Berufsgenossenschaft deutscher Bühnenangehöriger» und der «Schutzverband deutscher Schriftsteller» auf dem damaligen Laubenheimer Platz drei Wohnblocks für ihre Mitglieder errichten. Vor allem notleidende Künstler*innen sollten hier günstigen Wohnraum finden.
Bis zum Frühjahr 1933 lebten etwa 300 Schriftsteller*innen, Journalist*innen, Maler*innen, Sänger*innen und Schauspieler*innen in den Häusern. Unter ihnen Ernst Busch, Erich Weinert, Ernst Bloch, Arthur Koestler, Walter Hasenclever, Alfred Kantorowicz, Manès Sperber, Susanne Leonhard, Johannes R. Becher, Martin Kessel, Steffie Spira-Ruschin und ihr Ehemann Günther Ruschin, Walter Zadek und viele andere. Die Kolonie galt als Ort des freien Denkens, der Kreativität und des politischen Widerstandes gegen Rechts.
Am 15. März 1933 fand hier eine der ersten Razzien und Bücherverbrennungen in Berlin statt. Vierzehn der Anwohner wurden unter Schlägen verhaftet, darunter der jüdische Redakteur Walter Zadek, die Schauspieler Günter Ruschin und Curt Trepte sowie der Schriftsteller, Sozialpsychologe und Philosoph Manès Sperber. Bei der Stürmung der Wohnungen wurden willkürlich Akten, rote Fahnen, linke Zeitungen und vor allem Bücher eingesammelt, die als kommunistisch oder jüdisch galten. Auf dem Laubenheimer Platz wurde alles auf einen Haufen geworfen und angezündet.
Bücherverbrennungen waren und sind mehr als bloße Akte der Zerstörung. Sie sind ein Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit, ein Angriff auf die Vielfalt der Ideen und auf das Fundament einer demokratischen Gesellschaft.
Diese Bücherverbrennungen sind Mahnung an uns alle, dass Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern täglich verteidigt werden müssen. Der Geist der Bücherverbrennungen lebt dort weiter, wo Menschenrechte infrage gestellt, die Presse unterdrückt und die Wahrheit zur Lüge verdreht werden. Wo Menschen zu Feindbildern gemacht werden – wegen ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer Meinung.
Was haben wir gemacht?

Mit mehr als 200 Menschen haben wir am 15. März 2025 um 14:00 der Opfer von Razzia und Bücherverbrennung am 15. März 1933 in der Künstlerkolonie auf dem Ludwig-Barnay-Platz gedacht, mit Musik von Marilyn Grace mit eigenen zu unserem Gedenken verfassten Liedern, mit Lesungen von Texten einiger der vor 92 Jahren verhaftetem und verfolgtem Künstler*innen wie Manès Sperber (Wie eine Träne im Ozean, Bis man mir Scherben auf die Augen legt), Interviews mit Steffi Spyrer und Walter Zadeck sowie mit Gedichten und Texten aus Klasse 9 des Friedrich-Ebert-Gymnasiums, die sich im Deutschunterricht mit den Geschehnissen auf dem Platz befasst hat.
Das Programm machte deutlich, wie sehr die Erinnerung an 1933 eine Mahnung für 2025 ist.
Im Anschluss daran wurde um 15:30 Uhr im gut gefüllten Saal des „Internationalen Begegnungszentrums der Wissenschaft“ (IBZ) die Ausstellung „Verbrannte Orte“ mit einem Einführungsvortrag des Initiators der Ausstellung, Jan Schenk, unter Begleitung von Klarinettenklängen eröffnet. Es lohnt sich, in den folgenden Wochen auf die Plakatausstellung im IBZ Wiesbadener Str. 18 aufmerksam zu machen!


Zum Abschluss des Gedenktages sangen Roswitha Hegewald und Heide Riehm im KunstRaum Lieder von Erich Kästner, und Sigrun Casper las das einschlägige Kapitel zum Laubenheimer Platz aus dem Buch von Uwe Wittstock, Februar 33.
Bereits am 13. März 2025 fand im Clubraum des IBZ eine Lesung von Dirk Lausch mit Texten von den am 10. Mai 1933 auf dem Bebelplatz verbrannten Büchern statt. Wir hörten Texte von Erich Kästner, Mascha Kaleko, Kurt Tucholski, Carl von Ossietzky, Alfred Kerr u.a..


Die Veranstaltungsreihe wurde am Abend des 17. März 2025 mit Vortrag und Lesung von Christiane Fritsch-Weith im KunstRaum beendet. Sie las aus ihrem Buch „Klein aber voller Kostbarkeiten“ zur Geschichte des Buchladens Bayerischer Platz. Wie in einem Brennglas werden die Verfolgung und Vernichtung von Kultur im Nationalsozialismus deutlich.
Wir sind allen Teilnehmenden für ihre Präsenz und Mitwirkung in den unterschiedlichen Momenten bei unserer Veranstaltungsreihe zum Gedenken an Razzia und Bücherverbrennung am 15. März 1933 sehr dankbar. Ein besonderer Dank gilt unseren Partnern, dem Verein KünstlerKolonie e.V. und dem IBZ e.V. sowie dem Friedrich-Ebert-Gymnasium.
Am Bauzaun auf dem Ludwig-Barnay-Platz hatten wir neben Fotos und Texten der damals Verfolgten auch die ersten Monate des Jahres 1933 als Zeitstrahl dargestellt: nur wenige Wochen nach der Machtergreifung Hitlers war die Verfolgung von Anders-Denkenden, Anders-Lebenden und Kreativen schon fast abgeschlossen. Diese kleine Dokumentation wurde auch noch bis zum Ende des Wochenendes von den Nachbarn und Nachbarinnen gut angenommen.
Wir haben dieses Gedenken organisiert, um ein Zeichen zu setzen. Als Mahnung, aber auch für die Verpflichtung, aus der Geschichte zu lernen und uns für Dialog und Demokratie einzusetzen.


