Zeit-Sprung – Lebendige Vergangenheit im Dialog mit der Gegenwart

Erinnern mit Kopf- Herz und Hand. Podiumsgespräch in der Fichtenberg Oberschule Berlin-Steglitz

Bei der von Nora von der Stadtteilgruppe SüdWest moderierten Podiumsdiskussion gingen die Zweitzeugin Ksenia Eroshina und zwei Schülerinnen des Gymnasiums, Karlotta und Maila, auf die Reise in die Erlebenswelt junger Menschen im Dritten Reich und im Heute. Ziel war es, eine Verbindung zu schaffen und Verstehen zu erleichtern.

Kann durch Perspektivenübernahme und Einfühlung Geschichte vergegenwärtigt und so eindringlicher vermittelt werden? Wie kann Erinnerung leichter in das gesellschaftliche Gedächtnis integriert und für die Gegenwart nutzbar gemacht werden?

Die 14-jährige Karlotta sagte dazu am Ende resümierend:“ Manchmal müssen wir fühlen, um zu verstehen und verstehen, um zu handeln.“

Die Zweitzeugin stellte drei Geschichten von jüdischen Zeitzeugen aus unserer Elterngeneration vor. In ihnen wurde über eine überwiegend gute bzw. unbeschwerte Kindheit und Jugend in den 20er Jahren berichtet. Diese wurde durch den beginnenden Faschismus, spätestens nach der Reichskristallnacht, abrupt beendet und zerstört. Große Teile ihrer Familien überlebten diese Zeit nicht und wurden im KZ ermordet. Das Kriegsende empfanden viele Überlebende nicht als Befreiung, da sie einerseits ihr Trauma weiter mit sich führten und andererseits unter der Schuld der Überlebenden litten und immer noch leiden. Viele Geschichten und Erfahrungen werden nicht erzählt, da Schrecken und Trauma die Menschen verstummen ließ.

Die beiden Schülerinnen reagierten sehr betroffen und emotional auf diese Schilderungen. Sie erzählten folgend, was sie in ihrem Leben als besonders bedrückend empfinden. Einerseits fühlen sie sich, durch Normen und Leistungsanspruch in einen „Rahmen“ gepresst, andererseits machen sie sich große Sorgen um unsere Erde, das Klima und das Erstarken des Rechtsextremismus. Sie empfinden deutliche Parallelen von damals zum Rechtsruck heute und sind beide politisch engagiert. Zudem ist ihnen wichtig, Gefühle ausdrücken zu können und in ihrer Individualität ernst genommen zu werden. Sie wünschen sich, dass ihre eigenen Enkel noch eine lebenswerte Erde vorfinden.

Die Auseinandersetzung mit Opfern des Nationalsozialismus ist für beide Schülerinnen wichtig und gleichzeitig wünschen sie sich mehr über das Leben der „normalen Deutschen“ zu der Zeit zu erfahren um „das Gesamtpaket“ zu erfassen und besser verstehen zu können.

Maila beschloss ihre Ausführung mit dem Appell, dass Herz, Verstand und eine ganzheitlich plastische Geschichtsvermittlung wichtig sind.

Alle waren sich einig, dass die Erinnerungen an dieses Kapitel der deutschen Geschichte unbedingt wachgehalten werden soll, um sich als Gesellschaft gemeinsam aktiv gegen ein Wiedererstarken des Faschismus, des Antisemitismus und Rassismus zu wehren.

Von Christine T. und Nora P.

Siehe auch Website des Zweitzeugen e.V.